Starkoch in Berlin: Wann eröffnen Sie hier ein Restaurant, Herr Ottolenghi?

2022-11-15 15:57:28 By : Ms. Vangood ZS

Bestsellerautor Yotam Ottolenghi stellt in Berlin sein neues Buch vor, seine Fans sind verzückt. Müssen sie weiterhin nach London reisen, um bei ihm zu essen?

Man hat nicht sehr oft die Gelegenheit, Yotam Ottolenghi persönlich zu treffen. Der Mann, der zu den erfolgreichsten Köchen und Kochbuchautoren unserer Zeit gehört, ist weder ständig im Fernsehen noch oft in Deutschland. Kein Wunder, hat er doch zu Hause in London genug zu tun. Sieben Restaurants und Delis betreibt er dort, dazu seine Testküche, in der ein internationales Team neue Rezepte austüftelt. Auf 400 Mitarbeiter ist sein Imperium in den vergangenen Jahren angewachsen, dazu kommen immer wieder neue Kochbücher, für die der 53-Jährige so bekannt ist.

Was macht man also als deutscher Fan, wenn man den „Guru der Nahostküche“ mal aus nächster Nähe erleben will? Nun, wenn man Glück hat, dann ergattert man eine Karte für eine der Buchvorstellungen mit Yotam Ottolenghi. Jüngst gab es wieder Gelegenheit dazu, schließlich ist mit „Ottolenghi Test Kitchen: Extra Good Things“ gerade ein neues Buch auf den Markt gekommen, und bei Dussmann an der Friedrichstraße stellten Ottolenghi und seine Co-Autorin und Testküchenleiterin Noor Murad das Werk vor.

Die 130 Karten für die Veranstaltung waren ratzfatz verkauft. Zum Beispiel an Ingo Ehlers, der selbst als Koch arbeitet und in einem Kreuzberger Restaurant hinterm Herd steht. Oder eben zu Hause, wo er seit dem „Jerusalem“-Kochbuch ein Fan von Ottolenghi ist und bereits viele seiner Rezepte nachgekocht hat. „Mir gefällt die Crossover-Idee, die Verbindung zwischen israelischer und europäischer Küche“, sagt Ehlers, der auch schon im Londoner Ottolenghi-Restaurant Nopi gespeist hat.

Aber auch wer noch kein Anhänger des in Jerusalem geborenen israelisch-britischen Kochstars ist, der wird sich ihm nach einer Stunde auf der Dussmann-Bühne zumindest deutlich näher fühlen. Yotam Ottolenghi ist ein smarter, einnehmender Typ, in Chucks und Jeans betritt er lässig das Podium, lässt gar nicht erst den Verdacht von Allüren oder profikochmäßiger Wichtigtuerei aufkommen.

Ob seine Kinder auch Fans seiner Gerichte sind, fragt die Verlegerin, die die Veranstaltung moderiert. Ottolenghi winkt lachend ab: Die Söhne seien sieben und neun Jahre alt und äßen morgens gerne Pfannkuchen und Eier. Auch sonst seien sie ganz normale Kinder, da gelte: „Streite niemals mit ihnen übers Essen – sie gewinnen sowieso immer.“ Im Alltag, das war bereits an anderer Stelle zu erfahren, koche ohnehin meist sein Mann Karl. „Er macht oft Tacos mit Gemüse, Avocado und Koriander. Oder asiatische Nudeln mit Gemüse, nicht zu intensiv. Ich bin für das Frühstück zuständig und mache für die Kinder Käse-Ei-Omelett oder weichgekochte Eier, dazu Gurke, Oliven und Brot, wie in meiner eigenen Kindheit in Israel.“

Im Buch geht es deutlich ambitionierter zu, schon im Vorwort erfahren wir, dass das Verb „ottolenghisieren“ zwar in keinem Wörterbuch stehe, aber dass ein Eintrag wie folgt lauten könne: „Etwas ottolenghisieren bedeutet, es eindeutig Ottolenghi zuordenbar zu machen, ihm eine bestimmte Ausstrahlung zu verleihen, die es vom Gewohnten unterscheidet.“ Ein Beispiel: „Ich habe meine gerösteten Auberginen mit ein wenig Feta ottolenghisiert.“ Nun, seine Anhänger werden ihm das nachsehen, sie haben den Kult um die Person ja schließlich erst möglich gemacht.

Sie mögen die Rezepte, die sich durch das gewisse Extra auszeichnen, das Spiel mit Texturen und Aromen, mit Schärfe, Säure und Süße. Die Verlegerin sagt, Ottolenghis Bücher hätten sich allein in Deutschland über zwei Millionen Mal verkauft. In so mancher Küche quillt das Gewürzregal seinetwegen langsam über, in etlichen deutschen Haushalten hat sich der Kochalltag durch ihn verändert. Ottolenghi, so heißt es manchmal, habe den Blumenkohl sexy gemacht. Oder das Gemüse überhaupt.

Anderen hingegen sagt der Name vielleicht noch nichts, manche fragen auch nach einem Herrn Lenghi, weil sie denken, der Sohn eines Italieners und einer Deutschen heiße Otto Lenghi. Und so mancher Hobbykoch hadert auch mit den Rezepten, weil man dafür so viele Zutaten braucht, die es nicht um die Ecke im Supermarkt gibt. Yotam Ottolenghi kann Skeptiker beruhigen: Seine Bücher seien keine Bibeln, man könne auch etwas weglassen oder bestimmte Gewürze durch andere ersetzen. „Wenn man die eine Chili-Sorte nicht bekommt, dann nimmt man eben eine andere.“

So einfach ist das, auch im neuen Buch, das zu jedem Rezept ein kleines, raffiniertes Extra empfiehlt, das man auf Vorrat herstellen und damit dann auch andere Gerichte aufpeppen kann. Ottolenghis Favorit sind die Za’atar-Tomaten, die er zu gebackener Polenta reicht. Dafür werden Kirschtomaten mit Olivenöl, Balsamico, Knoblauch, Salz und Pfeffer im Ofen gegart, dann werden Zucker und Za’atar untergerührt, eine Gewürzmischung aus der nordafrikanischen und der arabischen Küche. Später kommen noch Kräuter hinzu, das Ganze hält sich im Kühlschrank bis zu einer Woche und passt auch gut zu Bruschetta oder Pasta, betont der Koch, der erst über Umwege zu seiner heutigen Leidenschaft kam.

Ottolenghi studierte zunächst Philosophie und Literatur in Tel Aviv. „Meine Abschlussarbeit hat aber nur eine Person gelesen, das war mir nicht genug Reichweite“, witzelt Ottolenghi und schon wieder fliegen ihm die Herzen im Raum zu. 1997 ging er nach London, absolvierte dort die Kochschule. Der Rest ist Geschichte.

Drei Monate seines Lebens übrigens verbrachte der Spezialist für vegetarische Gerichte, der selbst gar kein Vegetarier ist, in Berlin. Anfang der Neunzigerjahre war das, damals lernte er hier Deutsch am Goethe-Institut. Ein gutes Stichwort, um mal nachzufragen: Immer mal wieder gibt es schließlich Gerüchte, Ottolenghi würde auch in Berlin ein Restaurant eröffnen. Diese Gerüchte seien falsch, bedauert der Starkoch: Er liebe die Stadt, habe aber bislang keine konkreten Pläne in dieser Richtung. Nun, wie heißt es so schön: Was nicht ist, kann ja noch werden.

Yotam Ottolenghi, Noor Murad: Ottolenghi Test Kitchen: Extra Good Things. Wie ein gutes Essen großartig wird. 256 Seiten, 24,95 Euro, Erschienen im DK-Verlag.